Jeder kämpft für jeden und das gibt Siege

Mit dem dritten Sieg im dritten Heimspiel gegen die «Big-four» im Schweizer Volleyball hat SEAT Volley Näfels endgültig bewiesen, dass es weiterhin zu den Grossen im Schweizer Herrenvolleyball gehört. Nach Verlustpunkten steht Näfels gar zusammen mit Volley Amriswil an der Spitze.



Gemeinsam ist man stark: SEAT Volley Näfels gewinnt ein weiteres wichtiges Spiel. (Bild: zvg)
Gemeinsam ist man stark: SEAT Volley Näfels gewinnt ein weiteres wichtiges Spiel. (Bild: zvg)

Angeschlagene Raubtiere sind besonders gefährlich. Diese Aussage beschreibt die Situation vor dem Spiel aus Näfelser Sicht. Unterschätze niemals deinen Gegner, aber du tust es manchmal doch, wäre vielleicht die Amriswiler-Version dazu. Denn irgendwie schien es halt doch, als seien die Ostschweizer in ihren Köpfen für ein nettes Spielchen an einem föhnigen Samstagnachmittag nach Glarus gekommen. Und schliesslich hatten die Blauen Teufel aus Amriswil ja auch die letzten fünf Partien der Meisterschaft im Glarnerland alle gewonnen. Ausserdem kamen sie von einem überzeugenden 3:0-Sieg auswärts gegen Chênois mit einem riesigen Selbstvertrauen zu diesem Spiel. Umso grösser war dann die Überraschung, dass SEAT Volley Näfels, entgegen der Vorschau, mit allen Cracks einlief. Einzig Spielertrainer Polak muss nach wie vor pausieren, kann dafür aber umso besser coachen, weil er von draussen einfach den grösseren Überblick hat, als wenn er selbst den Bällen nachspringt.

Understatement war Teil der Taktik


«Der Respekt vor Näfels wird nach diesem Spiel nicht unbedingt grösser, er war schon immer da», meinte Captain und Passeur Marco Bär nach dem Spiel. «Teilweise kann es sein, dass wir nach Glarus gekommen sind in der Erwartung eines einfachen Spiels», analysiert der erfahrene Fuchs die psychologische Einstellung seiner Mannschaft. Aber er habe schon viele wichtige Spiele gegen SEAT Volley Näfels gewonnen und auch verloren, so sei er ob dieser Niederlage alles andere als am Boden zerstört. «Wir haben das Spiel im ersten Satz verloren, waren ganz einfach nicht bereit», meinte auch Trainer Verstappen, was die Analyse seines Captains stützt, dass sein Team dem Fehler erlegen ist, die Stärke des Gegners unterschätzt zu haben. So ist die Rechnung von Manager Gygli, vor dem Spiel gezielt Informationen zu streuen, also voll aufgegangen. «Es gehört zum Spitzensport, dass man manchmal auch mit der Taktik von Understatement arbeitet», kommentierte der Manager den eben errungenen Sieg seiner Mannschaft mit einem verschmitzten Lächeln. So hat diesmal also auch Medienpartner «Die Südostschweiz» etwas zum Sieg beigetragen.

Gegner beobachtet mit


Insgesamt fünf Brasilianer standen hüben wie drüben auf dem Feld und vier weitere waren ausserdem noch aufmerksame Beobachter ausserhalb des Spielfelds. Lugano-Trainer Roberto Tietz reiste mit Carlão, Rafa und Kleist ins Glarnerland, um seinen nächsten Gegner (Volley Amriswil) zu beobachten. Immerhin ist es Pallavolo Lugano bisher als Einzigem gelungen, die Glarner zu besiegen und die Ticinesi zählen ja nicht zu den Spitzenteams. Mindestens wenn man Verstappen zu dieser Frage sagen hört: «Die werden nicht alle vier Topp-Teams überraschen können. Vielleicht sind sie in der Lage, alle von uns einmal zu ärgern, aber ganz vorne dabei sind die am Schluss nicht.»

Offensivabteilung überragt die Defensive


Fest steht, dass es den Näfelser Volleyballern einmal mehr gelungen ist zu überraschen und zwar positiv. Der Fortschritt beim Service war augenfällig (Bedrac und Brander), das Zusammenspiel zwischen Passeur Bedrac und Aussenangreifer Sinotti klappt ebenfalls immer besser. Hier haben auch intensive Gespräche zwischen den Spielern, aber auch solche vom Trainer zu den Spielern geholfen. Libero Dani Werner, fast immer sehr gut, findet auch seine Position immer besser und bildet zusammen mit Meyer und Sinotti eine sehr solide Annahmefront. Fabian Brander scheint erleichtert darüber, dass er von der Verantwortung des Annahmespielers wegkommt. Dies hat sich gestern gezeigt mit einem sehr starken Auftritt vor allem beim Service. Und abgesehen von einigen, aber kleinen Durchhängern mit Fehlern im Angriff, auch im Kampf um direkte Punkte auf Diagonal und beim Block. Die Abstimmung zwischen Passeur und Mittelangreifer Roosewelt scheint noch verbesserungswürdig. Wobei das bei Weitem nicht nur am Passeur liegt. Der Brasilianer versenkt leider immer noch ab und zu auch ganze Sätze mit Fehlern im entscheidenden Moment. So geschehen in Norwegen gegen Bergen und auch gegen Volley Amriswil beim Satzball zum Verlust des dritten Satzes. Einer der ganz fest auf die Zähne biss, war der Eschenbacher Thomy Büsser. Und wie wichtig er ist, zeigte die kurze Einwechslung von Marc «Mogli» Walzer, welchem es diesmal nicht gelang, seine Angriffsbälle auf den Boden zu bringen. So kam der zwar angeschlagene, aber nicht minder beherzt kämpfende Büsser bald wieder zurück ins Spiel. Das Stichwort Kampf ist wohl das Schlüsselwort zum Erfolg für die Polak-Truppe Ausgabe 2011. Wenn man dreimal gegen die Grossen das Match im Tiebreak gewinnt, ist das ein sehr gutes Zeichen. Und wenn man bedenkt, wie weit einige Schlüsselspieler noch von ihrem Leistungszenit entfernt sind (Sinotti dazu: «Ich spiele im Moment bei 60%»), lässt das auf eine erfolgreiche Saison hoffen. Einfach die Verletzungshexe noch ins Niemandsland schicken und so weiter arbeiten. «Die Volleyballfans tun gut daran, ab sofort kein Spiel mehr zu verpassen, denn diese Truppe hat die Unterstützung wirklich verdient und überrascht immer wieder mit gutem Spiel und süssen Siegen», resümiert Ruedi Gygli erfreut.